Montag, 14. November 2011

Meine Meinung zu der 3D-Kinoneuveröffentlichung von "Der König der Löwen"

Der König ist zurückgekehrt!

Ich tue mich ja herzlich schwer, die Walt Disney Meisterwerke in eine Rangfolge zu quetschen. Deswegen werdet ihr wohl auch niemals eine Hitliste der besten Disney-Trickfilme zu lesen bekommen. Es sei denn ich wache plötzlich mit neuen Hirnstrukturen auf, die mir eine stufenweise Bewertung der großen Disney-Klassiker ermöglicht. Und auch wenn ich nach irgendeinem angemessenen allerletzten Blogpost suche, dürften die Chancen recht gut stehen, solch eine Liste aus mir rauszuquetschen. Bis dahin kann ich aber klipp und klar sagen, dass Drei Caballeros für mich das Event unter den Disney-Meisterwerken ist und Der König der Löwen meinem Geschmack nach insgesamt das höchste musikalische Niveau aufweist. Selbst der für mich schwächste Song, Kann es wirklich Liebe sein?, gehört für mich zu den Klassikern der Filmmusikgeschichte und ist in der kuschligen Elton-John-Version eine richtig starke Liebesballade. Der ewige Kreis wiederum ist zwar nicht mein liebster, aber der für mich eindeutig beste Disney-Song, der jemals geschrieben wurde, und es ist für mich eine Schande, dass er den Oscar gegen das obligatorische Liebeslied verlor.

Da ich trotz meiner schwer heilbaren DVD-Kaufsucht obendrein ein riesiger Kino-Liebhaber bin und die Überzeugung teile, dass die meisten Filme im Kino einfach anders, besser rüberkommen, bin ich auch ein großer Freund von Wiederaufführungen. Ich habe mir schon öfter Filme, die ich bereits auf DVD habe freudestrahlend im Kino angesehen, und ich kann dies nur jedem empfehlen. Manche Filme sind diese Mehrausgaben einfach wert!

Dieses kleine Aufputschmittel von Studiofinanzen ist durch die Videokassette und DVDs ja leider zu einer Seltenheit geworden, doch Disney hat sich mit seinen 3D-Wiederveröffentlichungen eine kleine Nische aufgebaut. Los ging es 2006 mit Nightmare before Christmas, der sich enorm für diese Technik anbietet und zusammen mit The Green Hornet wohl den Preis für die gelungenste 3D-Konvertierung verdient hat (durch die Art der Inszenierung ist Nightmare before Christmas allerdings das bessere 3D-Erlebnis von diesen beiden). Irgendwann im Laufe von 2009, spätestens 2010 sollte Die Schöne und das Biest folgen, diese Wiederveröffentlichung wurde allerdings still unter den Teppich gekehrt. Auf Blu-ray gab's die 3D-Fassung zu kaufen, und in manchen Ländern auch stark limitiert im Kino zu sehen (etwa in Neuseeland und in Disneys konzerneigenem Vorzeigekino, dem El Capitan in Los Angeles). Es wird gemunkelt und getuschelt, dass die Konvertierung nicht ganz den eigenen Ansprüchen genügte, so dass man auf einen groß angekündigten, breiten Start verzichtete. Ob dies stimmt, und ob in diesem Falle die aufgrund des Löwen-Erfolgs startende 3D-Fassung von Die Schöne und das Biest eine überarbeitete ist, das werden wir sicherlich erst dann erfahren, wenn sich irgendjemand der Beteiligten mit Disney verkracht.

Während Die Schöne und das Biest also unter ferner liefen gepackt wurde, erhielt Der König der Löwen 3D von Disney schon mehr Aufmerksamkeit. Mehr Kopien in den USA, deutlich mehr Promoarbeit. Doch dass die auf zwei Wochen angesetzte Kinoauswertung kurz vor Blu-ray-Start einen der besten September-Starts aller Zeiten hinlegen sollte, hat wohl niemand geahnt. Bei manchen Kinoereignissen sind die Menschen also doch gewillt, in Scharen ins Kino zurückzukehren. Durch die Neuveröffentlichung überholte Der König der Löwen nun Findet Nemo und Shrek 2, die ihn zuvor in der weltweiten Kinoliste als erfolgreichsten Animationsfilm ablösten, und auch die Milliardengrenze kann noch fallen. Ein typischer Disney-Siegeszug ...

Als ich in die Pressevorführung von Der König der Löwen 3D ging, war ich als leidenschaftlicher Disney-Fan natürlich überglücklich. Nein, ich mag nicht prahlen (als ich das letzte Mal was von Pressevorführung erwähnte, gab's ja direkt Ärger in den Kommentaren), ich will damit einfach nur auszudrücken versuchen, wie wohl ich mich in meiner schreiberischen Tätigkeit finde. Ja, ab und an muss ich Müll sehen, doch dafür kann ich auch einen großartigen Disney-Film gratis in einem tollen Kinosaal sehen - vor Kinostart. Ich sage das auch, damit ihr euch vielleicht vorstellen könnt, mit welchem Hochgefühl ich im Kino saß und den Anfang des Films erwartet habe. Ist dieser doch eine meiner liebsten Disney-Szenen aller Zeiten.


Und somit erreichen wir auch den Punkt meiner ganz persönlichen Reise durch das dreidimensionale, geweithe Land. Oder anders gesagt: Wie gut, wie schlecht, wie bereichernd, wie störend empfand ich denn nun die 3D-Konvertierung?

Wie gesagt, Der ewige Kreis ist eine meiner liebsten Filmszenen überhaupt und obendrein mein zweitliebstes Disney-Lied. Ich hatte schon Gänsehaut, bevor überhaupt die erste Einstellung der Szene zu sehen war. Gleichzeitig versuchte ich im Hinterkopf meiner Kritiker-Tätigkeit nachzukommen, den Moment zu genießen, auf das 3D zu achten und mich einfach fallen und vom Film aufsaugen zu lassen. Es gelang mir auch, doch als die Szene vorüber und der Titelschriftzug zu lesen war, dachte ich: "Das war ja nun gleichermaßen Gewinn wie Verlust!"

Der 3D-Effekt bereicherte die Sequenz in einigen Elementen: Die afrikanische Landschaft wirkt noch satter und reichhaltiger, das langsame Voranschreiten der Elefanten kommt noch erhabener rüber, es ist faszinierend, die Antilopen durch das saftige Gras hüpfen zu sehen. Und wenn Zazu über die versammelte Tiergemeinde fliegt, schlägt mein Animationsfilm-Fanherz höher. Aber es gibt auch Momente, die ich in 3D schwächer finde. Wenn sich sehr viele Tiere, eng beieinander schnell bewegen, sind diese Animationen in 3D nicht mehr so sanft und flüssig, wie auf der heimischen 2D-DVD. Dann kommt es zu diesem Flackern, das in Filmen wie Kampf der Titanen ständig auftauchte und die 3D-Fassungen unansehnlich machte. Es sind seltene Schönheitsfehler während Der ewige Kreis, und nach der Titeleinblendung sind sie mir nie mehr begegnet, doch in dieser perfekten Sequenz störten mich diese Flacker- und Nachzieheffekte genug, dass sie die Vorteile der 3D-Fassung ausgleichten.

Danach ist der 3D-Effekt in Der König der Löwen lange Zeit auf gehobenem "Wird 3D-Freunde erfreuen und 3D-Gegner nicht überzeugen"-Niveau. Die afrikanische Steppe ragt tief in die Leinwand hinein, ab und zu fliegen Zazu, Blätter und Staub in den Zuschauersaal ... Die gelungene 3D-Konvertierung verleiht ein starkes Gefühl von Räumlichkeit, so als könnte man durch die wundervollen Zeichnungen spazieren. Aber je detailärmer der Hintergrund,desto schwächer ist logischerweise auch das Tiefengefühl, und häufig ist er zwar zu spüren, wenn man darauf achtet, allerdings ist er gerade in Dialogszenen auch genauso schnell vergessen, sobald man sich nicht weiter auf ihn konzentriert. Es ist also eine saubere, liebevolle Umwandlung - nur macht sie die Filmszenen nicht besser.


Dann kommt jedoch Seid bereit! Um das Gesamturteil vorweg zu nehmen: Ich zähle Scars großartigen Verschwörungssong zu den besten 3D-Szenen, die ich jemals gesehen habe, denn in 3D kommt dieser höllische Spaß doppelt so gut! Ja, ich habe gewagt, es zu schreiben: Diese Szene gewinnt durch 3D enorm an Wirkung! Ich liebe Seid bereit ja eh schon, allerdings hat sich das 3D-Konvertierungsteam hier selbst übertroffen. Wobei sich die Szene für eine räumliche Darstellung ja eh eignet: Scar nutzt eine tiefe, verwinkelte Schlucht voller Schwefelqualm, um einer Horde von Hyänen seinen teuflischen Plan vorzustellen. Die extremen Schattenwürfe, das theatralische Licht, welches zu giftgrün zu bitter-bruangelb zu höllisch-schwarzrot wechselt - all das macht eine gelungene Konvertierung zwar schwieriger, jedoch auch spürbarer. Letztlich ist die Szenerie in 3D beklemmender und diabolischer, denn je zuvor, weshalb auch der Song noch kräftiger und einvernehmender ist. Bislang fand ich Seid bereit cool, in 3D hätte ich mich Scar beinahe schon blindlings angeschlossen!

Wäre das 3D den ganzen Film über so stark wie in Seid bereit, würde ich vom 3D-Freund zum 3D-Jünger. Diese Musicaleinlage wurde auf ein neues Niveau gehoben, da die 3D-Technik ähnlich des Lichtdesigns und der Soundarbeit dabei half, die inhaltlichen Gefühle besser zu vermitteln. So wird 3D von einer simplen Spielerei zu einem technischen Geniestreich.

Direkt nach Seid bereit kommt jedoch die Schlucht-Sequenz, und die ist wieder auf dem Niveau von Der ewige Kreis. Wenn die "Kamera" frontal auf die Stampede blickt oder sich gerade langsam dreht, sah es aus, als blicke man auf eine Theaterbühne (voller gezeichneter Wesen :-p ), versetzte sich die Regie aber mitten ins Geschehen, wirkte das 3D wieder leicht befremdlich, so als sei die perspektivische Optik nicht ganz korrekt
(Blabla... sie schadete der Szene aber auch)(Dann viel: ja, schön mal so zu sehen, muss aber nicht immer. Tja "mal gewinnt man, mal verliert man".

Zwischenaufnahmen der afrikanischen Landschaft waren dann wieder einmal atemberaubend, Handlungsszenen wieder so wie zwischen Der ewige Kreis und Seid bereit. Dies galt dann für den restlichen Film, bis auf zwei Szenen.

Zunächst ist Kann es wirklich Liebe sein? zu nennen. Die Ballade kam nicht ganz auf Seid bereit-Niveau heran, allerdings war das paradiesische Liebesnest von Simba und Nala in 3D mit seinem See, und den Wasserfällen und dem im Abendlicht schimmernden Grün ein wunderschöner Anblick. Durch den Augenschmaus kam ich letztlich etwas besser durch die für mich schwächste Gesangseinlage des Films. Und dann ist die finale Konfrontation zwischen Simba und Scar zu nennen. Als Actioneinlage voller Rauch und Flammen (mit anschließendem Regenschauer) und zwei ausgewachsenen Löwen, die auf sich einprügeln, war auch dies wieder eine Szene, in der man den 3D-Effekt etwas imposanter miterleben konnte.

Somit komme ich zu dem Entschluss, dass die 3D-Wiederaufführung eine Spielerei ist. Eine sehr gelungene Spielerei, die ihre Daseinsberechtigung hat. Gibt sie doch vielen Menschen die Gelegenheit, Der König der Löwen erstmals auf der Kinoleinwand zu erleben. Die Konvertierung schadet dem Film nicht und ist überaus ästhetisch - potentielle Kopfschmerz-Ausrutscher wie beim grauseligen Kampf der Titanen oder satte Farben verschluckende Lichtverhältnisse wie bei Alice im Wunderland bleiben erfreulicherweise aus. Für mich reiht sich Der König der Löwen weit oben in der Riege der "sollte man mal in 3D erlebt haben (sofern man es nicht aus Prinzip hasst)-Filme ein. Den Einzug in die Kategorie "Bevorzugt in 3D" versäumt er jedoch. Ansätze sind vorhanden, allem voran mit Seid bereit, aber da es auch schwächere Momente gibt, werde ich das 3D in Zukunft nicht vermissen. Das 3D bleibt hier für mich also eine Event-Sache, während ich mir etwa Avatar in einigen Jahren in einem 3D-Double-Feature mit Teil 2 ansehen möchte, ihn mir dafür wohl nie in 2D für Zuhause zulegen werde.

Dass dieser Blick auf der König der Löwen 3D erst jetzt kommt, hat übrigens folgenden Grund: Ich wollte auch die Zweitmeinung eines Freunds einfließen lassen. Ursprünglich wollten wir den Film am Samstag sehen, bloß hat dann im Kino unserer Wahl der Projektor gestreikt. Sonntagmittag konnten wir den Kinogang nachholen. Mit dem Entschluss, dass mein Freund recht ähnlich denkt. Habe also umsonst mit der Veröffentlichung gewartet. Naja, mein Wille zu einer etwas andersartigen Kritik war immerhin da!

So, und wer nicht im Kino war, holt das nun gefälligst nach!

Mehr über die 3D-Fassung von Der König der Löwen erfahrt ihr hier:

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