Sonntag, 23. Februar 2014

Meine 30 Lieblingsfilme 2013 (Teil II)

Interessant, wie sich ein Filmjahr nach einigen Monaten wandeln kann: Noch im April war ich überzeugt, dass 2013 ein mieses Kinojahr darstellt. Bis dahin starteten zwar einige gute Filme, der Löwenanteil der Produktionen, die ich bis dahin sah, waren allerdings Enttäuschungen. Bis Ende Dezember mauserte sich 2013 aber zu einem wahrlich umwerfenden Filmjahr. Nach Platz 30 bis 21 möchte ich euch nun Platz 20 bis 11 meiner liebsten Werke dieser zwölf Kinomonate vorstellen:

Platz 20: Das hält kein Jahr...! (Regie: Dan Mazer)
Diese atypische Romantikkomödie hat eine mich enorm verärgernde Sequenz: Die obligatorische, idiotische Hochzeitsansprache des peinlichen besten Freundes des Bräutigams. Hier mit großen Grimassen und viel zu viel verbalem Fäkalhumor dargeboten von Stephen Merchant alias Danny. Im Kino musste ich mich durch diesen Monolog durchbeißen. Bis Danny den Brautjungern sexuelle Avancen macht – und ein Umschnitt auf die verblüfften jungen Damen folgt, der klar macht, das Dan Mazer in seiner originellen Brit-Komödie genüsslich mit Klischees und Genrekonventionen jongliert. Es folgt die mal staubtrockene, mal spritzige Chronik des ersten Ehejahres zwischen Nat (liebenswert: Rose Byrne) und Josh (ebenso: Rafe Spall), einem Pärchen, an deren Beziehung niemand, aber auch gar niemand glaubt. Die Folgen sind dramatische Momente, in denen ich als geneigter Zuschauer dem Umfeld des jungen Paars aufgrund dieser alle Probleme erschwerenden Einstellung an den Hals springen will, süffisante Verballhornungen sonst so kitschiger Rom-Com-Sequenzen, tragikomische Szenen, in denen dann plötzlich Nat und Josh die Dummen sind, weil sie an dieser Beziehung festhalten, und, und, und … Leichtgängig und doch vielschichtig, mit toll aufgelegten Darstellern (in denkwürdigen Nebenrollen: Simon Baker, Anna Faris und Minnie Driver) und großartigen, aus dem Leben gegriffenen, wohlgemerkt wunderbar überspitzten Kommentaren über Liebesirrungen. Ein herzlicher, toller und aufgeweckter Filmspaß. Wenn der nervige Einstieg überwunden ist.

Platz 19: Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll (Regie: Steven Soderbergh)
Szenen einer Liebesbeziehung: Der 17-jährige Scott Thorson (Matt Damon) lernt Mitte der 70er-Jahre den weltberühmten, extravaganten Pianisten und Entertainer Liberace (Michael Douglas) kennen. Dieser lädt den aus einfachen Verhältnissen stammenden Scott in seinen Kreis engster Vertrauter ein und alsbald beginnen sie eine außergewöhnliche Beziehung. Liberace überhäuft Scott mit Luxusgütern und liebt ihn über alles, hält ihn jedoch aufgrund seiner Machtbesessenheit und seiner Angst, öffentlich geoutet zu werden, an der kurzen Leine. Scott wiederum belastet die Beziehung mit Drogeneskapaden, glaubt alsbald aber zudem, guten Grund zu haben, eifersüchtig zu sein … Matt Damon und Michael Douglas begeistern mit extravaganten Performances, denen dennoch subtile Zwischentöne innewohnen, das Drehbuch von Richard LaGravanese brilliert mit komplexen Charakterisierungen und Regisseur Steven Soderbergh erschafft mit raffiniert eingesetzten, kleinen inszenatorischen Kniffen ein rundes Bild einer schwierigen Beziehung, bei der beide Seiten gleichermaßen sympathisch wie makelbehaftet sind.

Platz 18: Unterwegs mit Mum (Regie: Anne Fletcher)
Anne Fletchers herzensgute Roadmovie-Komödie Unterwegs mit Mum versprüht mit ihrer unaufgeregten Art, ihren charismatischen Witzen und ihrer zarten Dosis von süßlich-melancholischer Dramatik das Flair einer wenig bekannten, jedoch mit Herzblut gemachten Disney-Produktion, die sich in den 90ern oder frühen 2000ern zu einem gern gesehenen Standardfilm der sonntagnachmittags laufenden Disney Filmparade gemausert hat. Klingt wie ein doppelbödiges Kompliment? Aus dem Munde manch eines Filmkritikers mag dies so sein, aber ich als passionierter Disney-Liebhaber könnte wahrlich schlimmere Urteile fällen. Drehbuchautor Dan Fogelman, der für Disney Rapunzel schrieb und mit Crazy, Stupid, Love. den besten Touchstone-Film der vergangenen zehn Jahre verfasste, der leider nicht aus dem Hause Touchstone kam, bleibt seinem Stil treu. Er schuf eine Story, die Genrekonventionen genau beobachtet, jene erfüllt, die zu den zentralen Figuren passt und alle anderen sanft verdreht. Somit liefert diese „Sich von seiner überfürsorglichen Mutter abschottender Sohn sieht sich gezwungen, mit ihr viel Zeit auf engem Raum zu verbringen“-Geschichte all dies, was man erwartet, garniert dies aber mit genügend kleinen Überraschungen, um frisch zu wirken. Seth Rogen und Barbara Streisand agieren wunderbar zusammen und der leise, freundliche Witz dieses Films sowie die leicht karikierten, dennoch gefühlvollen Charakterisierungen der Hauptfiguren machen Unterwegs mit Mum zu einem idealen Film für den Sonntagnachmittag. Er stammt zwar nicht aus dem Hause Disney, fühlt sich aber so an – und versetzt mich beim Anschauen zurück in frühere Zeiten, in denen ich im elterlichen Wohnzimmer in eine Wolldecke eingekuschelt auf den Fernseher starrte, um die Disney Filmparade zu verfolgen. Kurzum: Liebenswürdiges Feel-Good-Kino, das stilistisch und moralisch den richtigen Nerv bei mir trifft!

Platz 17: Lincoln (Regie: Steven Spielberg)
Steven Spielbergs Passionsprojekt setzt dem 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ein ausführliches, filmisches Denkmal, das dank seiner überraschenden humorvollen Passagen (wer hätte gedacht, dass Lincoln solch ein Scherzkeks war?) und spannender Charakterbögen trotz seiner ausgedehnten Länge sehr kurzweilig ist. Daniel Day-Lewis legt eine seiner größten schauspielerischen Leistungen hin, Janusz Kamiński hüllt die Geschichte in wunderschöne, kerzenbeleuchtete Bilder und John Williams komponierte einen zurückhaltenden, dennoch eingängigen Score, der Spielbergs Historiendrama stimmig begleitet. Ein kluger, trotzdem unterhaltsamer und darstellerisch fantastischer Film nahezu ohne Längen.

Platz 16: Rush (Regie: Ron Howard)
Ron Howard ist ein Regisseur, aus dem ich bislang noch nicht so richtig schlau geworden bin: Er beherrscht es, Spannung zu erzeugen. Man denke nur an Kopfgeld oder Apollo 13, dennoch geraten einige seiner Filme sterbenslangweilig (wie etwa The Da Vinci Code). Wohl auch deswegen hatte ich keine guten Erwartungen an Rush, und dies, obwohl Howard mit Frost/Nixon den Film geschaffen hat, den ich aus den fünf Oscar-Nominierten aus der Sparte bester Film 2009 am besten finde. Denn das Politjournalismusdrama Frost/Nixon handelt wenigstens von einem Duell zweier Menschen, das auf einem mich interessierenden Feld stattfand – Howard musste da also bloß eine mich reizende Geschichte gelungen umsetzen. Rush hingegen handelt von den Formel-eins-Legenden Niki Lauda (Daniel Brühl) und James Hunt (Chris Hemsworth), und somit von einem Sport, der mir nicht gleichgültiger sein könnte. Doch Howard, seine großartigen Darsteller, das starke Drehbuch von Peter Morgan, ein rasanter, dennoch nicht zu aufdringlicher Score von Hans Zimmer sowie tolle Kameraaufnahmen von Anthony Dod Mantle verwandelten eine mir unwichtige Sportanekdote in ein packendes Drama mit zwei sympathischen Charakterschweinen in der Hauptrolle. Im Zentrum des Films steht nicht die Filmadaption einer Rennsaison, sondern ein mitreißender Vergleich zweier Lebensphilosophien. Spannend, lustig, nachdenklich.

Platz 15: Der Schaum der Tage (Regie: Michel Gondry)
Der französische Kino-Surrealist Michel Gondry kehrt nach der meiner Ansicht nach von der Kritik zu hart angepackten Superheldenkomödie The Green Hornet zurück zu einer Thematik, die er meisterlich beherrscht: Fantasievolle, tragikomische Liebesgeschichten. Basierend auf dem gleichnamigen Romanklassiker unterbreitet Gondry hier seinem Publikum eine mit kindlicher Naivität durchzogene, wundersame Welt voller kurioser Erfindungen, in der sich der Tüftler Colin (Romain Duris) in die zurückhaltende Chloé (Audrey Tautou) verliebt. Als sich diese jedoch in den Flitterwochen mit einer seltenen, lebensbedrohlichen Krankheit ansteckt, droht Colins heitere, unbeschwerte Welt zusammenzubrechen. Mit überbordender Gestaltungsfreude umgesetzt, malerischer Musikuntermalung und betörenden Bildern fabriziert Gondry eine lustige, verwundernde, berührende Romanze der vollkommen anderen Art. Wer Gondrys visuellen Stil nicht mag, sollte großen, großen Abstand nehmen, wer sich auch auf verschrobene Weise verzaubern lassen will, ist hier dafür genau richtig …

Platz 14: Die fantastische Welt von Oz (Regie: Sam Raimi)
Es geht fantasievoll weiter: Sam Raimi entführt in dieser Effektextravaganza in eine opulente Vision von L. Frank Baums Zauberreich Oz und schafft, insbesondere in der liebevoll-pompösen 3D-Version, ein überwältigendes Märchenland, das sich redlich darum bemüht, das Publikum völlig aufzusaugen. Doch der wundervolle Look und Danny Elfmans grandioser Score sind längst nicht alles, womit dieser Disney-Blockbuster lockt: Mila Kunis, Michelle Williams und Rachel Weisz spielen mit ansteckendem Spaß die drei Hexen dieser Wunderwelt, James Franco macht als kaum belehrbarer Macho mit Charisma Laune, die Nebenfiguren sind witzig und der Tonfall des Films berückend verworren: Raimi zeigt hier sowohl Liebe zum Kitsch, als auch zum schaurigen Unterboden des Oz-Mythos sowie zu Ironie und Familienmärchen-tauglicher Dramatik. Was eine tonale Katastrophe hätte ergeben können, ist nicht zuletzt wegen Raimis schmissiger Inszenierung ein klarer Pluspunkt. Kurzum: Visuell berauschendes, eigensinniges Popcornkino voller Einfälle. Feine Sache.

Platz 13: Die Tribute von Panem – Catching Fire (Regie: Francis Lawrence)
So abwertend einige Kinogänger auch auf Fortsetzungen blicken mögen: Immer wieder taucht ein Sequel auf, das seinen Vorgänger übertrifft. Darunter etwa die Jugendbuchadaption Die Tribute von Panem – Catching Fire, die den durchaus klugen, spannenden aber zwischendurch sein Potential nicht ausschöpfenden ersten Part in praktisch allen Belangen aussticht: Auf intelligente Weise schaffen die Filmemacher eine dystopische Zukunftsvision einer von einem abscheulichen Regime unterjochten Gesellschaft, die sich kurz vor einer blutigen Revolution befindet. Einfühlsam schildert Regisseur Francis Lawrence, welche seelischen Narben die Hauptfiguren durch die Ereignisse im ersten Film davontrugen, Jennifer Lawrence zeigt anders als im Vorläufer zahlreiche Emotionen, die Medien- und Politsatire ist beißend und scharfsinnig und denkwürdigere Nebenfiguren mit einem guten Sinn für Humor vergrößern bei den unvermeidlichen Todesspielen die Fallhöhe. Auch wenn die Action übersichtlicher geraten ist als noch bei Die Tribute von Panem – The Hunger Games, stellt diese dennoch den weiterhin schwächsten Part des Films dar, weshalb auch eine clevere Arena mit spielerisch-genialem Twist diesen Film für mich hauchdünn hinter Platz 12 zurückfallen lässt …

Platz 12: Iron Man 3 (Regie: Shane Black)
Verliert Die Tribute von Panem – Catching Fire ausgerechnet mit dem Beginn der Hungerspiele an Zugkraft, beginnt Shane Blacks Iron Man 3 mit hohem Tempo als erster Post-Avengers-Film des Marvel-Universums, wechselt dann schlagartig den Stil und wird zu einem unverschämt coolen Pseudo-80er-Actionstreifen mit rauen Figuren in einer urbanen Umgebung, um dann im packenden Finale beide Herzen, die in dieser Brust schlagen, zu vereinen. Anders gesagt: Der meiner Ansicht nach mit Abstand beste Teil der Iron Man-Saga beginnt schon toll und wird ab dann nur noch besser. Da darf er gern trivialer als Die Tribute von Panem – Catching Fire sein, es ist dennoch das launigere, temporeichere und mit stärkerem ''Will ich sofort nochmal sehen!''-Faktor ausgestattete Stück Blockbusterkino. Robert Downey jr. ist fantastisch aufgelegt, Shane Black unterläuft den Marvel-Tonfall mit seiner herrlich schroffen Art und Ben Kingsley gibt den wohl besten Schurken des Kinojahres. Geschliffene Dialoge, energetische Actionszenen und eine gesunde Dosis Selbstironie: Was besseres gab es 2013 in Sachen Superhelden nicht zu sehen!

Platz 11: Die Jagd (Regie: Thomas Vinterberg)

Der frisch geschiedene, unauffällige Kinderbetreuer Lucas (Mads Mikkelsen) gibt aus Freundschaft zu seinen eine schwierige Phase in ihrer Ehe durchmachenden Nachbarn besonders acht auf deren fünfjährige Tochter Klara (Annika Wedderkopp): Wann immer sich ihre Eltern streiten, lenkt er sie mit Spaziergängen ab und wenn es ihr in der Kindertagesstätte einmal schlecht geht, muntert er sie liebevoll auf. Aufgrund dieser Fürsorge, die sie von ihm erhält, fängt Klara allmählich an, den gutmütigen Lucas zu bewundern. Doch als sie ihm beim Spielen einen Kuss auf den Mund gibt, weißt er sie vehement ab, was Klara zutiefst verärgert. Alsbald löst die schmollende Klara mit ihren Aussagen eine Hexenjagd aus, die Lucas' das Leben in seinem Heimatdorf zur Hölle macht … Regisseur Thomas Vinterberg gelang mit diesem Drama mehr als nur eine beklemmende Erzählung über die Brisanz eines Pädophilieverdachtfalls, sondern eine vortreffliche, packende Parabel über die Rasanz, mit der sich Gerüchte verbreiten und in den Köpfen der Menschen zu Fakten erhärten. Eine unter die Haut gehende Darstellung Mads Mikkelsens und makellose Regieführung Vinterbergs lassen das eh wichtige Filmthema noch länger nachhallen und machen Die Jagd zu einem unvergesslichen, dramatischen Seherlebnis. 

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